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Trainer und Trainerinnen
aus Berufung

Lucas Orlowski

Mut zum Wechsel

Ausschlafen kann Lucas Orlowski nur selten. Unter der Woche steht er jeden Tag frühs ab halb Acht in der Rostocker Neptun-Schwimmhalle, um seine Schützlinge in Empfang zu nehmen: Zwölf C-Jugendliche, die es im Wasserspringen einmal mindestens genauso weit bringen wollen wie ihr Coach, als der selbst noch aktiv war. 

Orlowski ist seit August vergangenen Jahres als Sichtungstrainer beim Landessportbund MV angestellt und kümmert sich am Bundesstützpunkt der Wasserspringer beim WSC Rostock als einer von vielen Trainern um den Nachwuchs. Hauptamtlich macht er das bereits seit 2019. Damals wurde durch den Wechsel von Trainer-Legende Monika Dietrich in den Ruhestand eine Stelle frei. Als er gefragt wurde, ob er sich vorstellen könne, Trainer zu werden, beschäftigte sich Orlowski erstmals mit dem Gedanken. „Ich war in den Jahren zuvor schon als Übungsleiter immer beim WSC und hatte Spaß daran, mit den Kindern zu arbeiten. Allerdings hatte ich auch schon mein Masterstudium in der Medizintechnik begonnen“, sagt der heute 25-Jährige.

Nach vielen Gesprächen mit Familie und Freunden, die auch die eine oder andere gerunzelte Stirn bei seinen Gegenübern hervorriefen, ob der Tatsache, eine Ingenieurslaufbahn und seine Begabung in den Naturwissenschaften zu opfern um einen mittelmäßig bezahlten Trainerposten anzunehmen, stand die Entscheidung. „Ich hatte da echt Lust drauf und wollte es auf jeden Fall versuchen, um nicht in zehn Jahren einer verpassten Chance nachzutrauern.“

Gesagt, getan. Orlowski rutschte zunächst auf eine von der Stadt bezahlte Stelle, machte im Eiltempo die notwendigen Lizenzen bis zum B-Trainer im Leistungssport nach und begann parallel ein Studium der Sport- und Erziehungswissenschaften in Teilzeit. Dabei, alles unter einen Hut zu bekommen, half die Corona-Zeit durchaus. Während seine Sportler nahezu keine Wettkämpfe hatten, die es zusätzlich zu betreuen galt, lief im Studium vieles online. 

„Ich bin sehr glücklich damit, wie es seit 2019 gelaufen ist“, freut sich Orlowski. Er schätze die prinzipiell anderen Tagesabläufe verglichen mit Bürojobs, wie es auch der als Ingenieur gewesen wäre. Ganz ohne Bürotätigkeit kommt er aber auch als Trainer nicht über den Tag. Nach dem morgendlichen Training mit seinen Sportlern stehen Arbeitsbesprechungen an, Trainingspläne wollen geschrieben werden, ehe es am Nachmittag – nach zwischendurch eingeschobenem Studiumblock – wieder in den Fitnessraum beziehungsweise ins Springerbecken geht. Selten ist ein Arbeitstag vor 19 Uhr vorbei. „Das passt so aber ganz gut. Da kann ich hinterher noch zum Training“, so Orlowski. Volleyball meint er damit. „Hobbymäßig“ ist er seit zwei, drei Jahren für die zweite Mannschaft des SV Warnemünde, die in der 3. Liga an den Start geht, auf dem Feld.

„Vom Leben für den Sport kommt man als ehemaliger Leistungsathlet nicht mehr weg“, erzählt der Rostocker. Bevor er über Kraftsport und Kickboxen beim Volleyball landete, war er selbst zwölf Jahre lang Wasserspringer. Mit Fünf trat er erstmals auf ein Sprungbrett, später fuhr er als B-Jugendlicher mit drei Deutschen Meistertiteln im Gepäck erstmals zu Europameisterschaften. Danach wurde es schwieriger. Schnelles Wachstum – Orlowski ist 1,90 Meter, recht groß für einen Wasserspringer – und anhaltende Rückenbeschwerden ließen ihn einen Schlussstrich ziehen. „Die Motivation war weg, weil ich nicht wusste, ob ich oben ankommen werde, und die Pausen länger wurden. Der Fokus lag dann mehr auf der Schule. Es war eine gute Entscheidung“, sagt er heute.

Genau wie die, ein paar Jahre später auf den Trainerposten zu wechseln. Seine Motivation dafür: vielfältig. Entscheidend aber ist, „dass ich meine Gedanken, meine Idee, meine Philosophie auf meine Sportler übertragen, und, solange die Ergebnisse stimmen, nahezu komplett eigenverantwortlich handeln kann“. Wichtig sind darüber hinaus auch positive Rückmeldungen von Eltern und Sportlern. „Es ist das größte Kompliment, wenn jemand zu mir kommt und sagt, dass er gerne zum Training geht“, so Orlowski. „Die Kids sind hier 18, 19 Stunden in der Woche neben der Schulbelastung, jeden Samstag. Trotzdem haben sie Lust, mit mir zusammenzuarbeiten.“ Es ist auch ein kleiner Wink in seine eigene Jugend, denn er selbst sei nicht immer optimal motiviert worden.

„Das will ich besser machen.“

Natürlich bildet auch sportlicher Erfolg einen Teil der Motivation, sowohl für Sportler als auch Trainer. Um das zu erreichen, geht Orlowski mit hohem Anspruch an seine Aufgabe und seine Schützlinge. „Ich zeige den Kindern relativ zeitig, wo es hingehen soll. Wir sind hier Bundesstützpunkt und haben das Ziel, Kandidaten auszubilden, die zu Olympia wollen“, erklärt er. Entsprechend hoch müsse auch das Niveau im unteren Bereich sein. „Klar, es gehört auch mal Spiel und Spaß dazu, aber es muss gespurt werden, wenn zwölf Sportler gleichzeitig betreut werden müssen, sonst wird es nichts“, beschreibt er seine strenge Linie. Doch die komme an, habe ihm Respekt verschafft. „Nach dem Training können alle zu mir kommen, falls es Probleme gab oder sich jemand ungerecht behandelt fühlte. Bisher fahre ich damit ganz gut. Auch wenn es hart ist, das belegt das Feedback.“

Ob Orlowski seine beiden Jahrgänge auch in die B-Jugend begleitet oder die nachfolgenden C-Athleten übernimmt, ist noch offen. Grundsätzlich würde er aber schon gerne mal eine A- oder B-Jugend übernehmen. „Da geht es dann richtig los, auch internationale Wettkämpfe kommen dann auf den Plan“, spricht der Ehrgeiz aus ihm. Und so überrascht es auch wenig, dass sein langfristiges Ziel eine Olympia-Teilnahme ist. „Wenn es dann sogar noch erfolgreich wäre, umso besser“, feixt er, um dann wieder ernst zu werden. „Ob das in 30 Jahren klappt oder auch schon früher, werde ich sehen.“ Es zeigt aber, dass Lukas Orlowski den Trainerjob auch langfristig als für sich richtige Wahl empfindet.

Sebastian Lindner

Fotos: Georg Scharnweber

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© Lindner

Steckbrief

  • geboren und wohnhaft in Rostock
  • Jahrgang 1996 (13.4.1996)
  • sportliche Erfolge:
    dreimal Deutscher Meister (B-Jugend)
  • Ausbildung:
    2015 – 2019 Studium Biomedizinische Technik (Abschluss: Bachelor), seit 2019 Sport- und Erziehungswissenschaften (Teilzeit)
  • Trainerlizenz:
    B Leistungssport Wasserspringen (2019)
  • seit August 2021 Sichtungstrainer des LSB beim WSC Rostock (Olympia- und Bundesstützpunkt)
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